Die Französin Lili Boulanger, die in ihrem kurzen Leben eine atemberaubende Meisterschaft entfaltete und 1913 als erste Frau den Kompositionspreis »Prix de Rome« erhielt, wuchs in einer Künstlerfamilie auf. Boulanger ist wie Claude Debussy dem musikalischen Impressionismus zuzuordnen. Einen frühlingshaften Morgen und einen melancholischen Abend ließ sie in fließenden Melodien und stimmungsvollen Klangfarben ertönen.
Der verträumte Nachmittag gehört dem von erotischen Begierden ermatteten Faun, den uns der Pariser Debussy zeigt. Das Prélude à l’après-midi d’un faune über den italienischen Hirtengott, der die Jagd auf scheue Nymphen erinnert, gilt als sein bekanntestes Werk. Für den Komponisten war der Naturbezug in seinen Harmonien bedeutsam, wie er unter seinem Zweitnamen Monsieur Croche in einer Publikation schreibt: »Wer wird das Geheimnis der musikalischen Komposition ergründen? Das Rauschen des Meeres, der Bogen des Horizonts, der Wind in den Blättern, ein Vogelruf hinterlassen in uns vielfältige Eindrücke. Und plötzlich, ohne dass man das Mindeste dazutut, steigt eine dieser Erinnerungen in uns auf und wird zur musikalischen Sprache. Sie trägt ihre Harmonie in sich selbst.« Und so war das Orchesterstück, das die Welt zwischen Traum und Wirklichkeit mit einem Flötensolo eröffnet, damals musikalisches Neuland. Für seine sanften, aber revolutionären Klänge setzte Debussy auf Holzbläser, Streicher, Harfen, von den Blechbläsern sind die weich tönenden Hörner geblieben und das Schlagwerk reduzierte sich auf Cymbeln.
In den 1905 uraufgeführten symphonischen Skizzen La Mer zeigte Debussy das Meer »vom glänzenden Schimmer bis zum beweglichen Spiel der Schatten, von ergreifender Süße bis zu zornigem Gelächter, vom verführerischen Zauber bis zu unvermitteltem Ernst«, wie im »Mercure Musical« zu lesen war. Hier kam sein impressionistischer Stil wieder voll zur Geltung, wenn das Wasser glitzert, funkelt und perlt und die Wellen im Wind tanzen, bis dieser sich zu einem heulenden Sturm aufbaut, der das Gewässer aufwühlt.
Zum »französischen« Repertoire zählt auch das im Exil komponierte Saxophon-Konzert des in St. Petersburg geborenen Alexander Glasunow, der großen Wert auf traditionelle Musik legte. Trotzdem wagte sich der »russische Brahms«, wie er auch genannt wurde, an das im Symphoniebereich recht neuartige Instrument und schuf das 1934 uraufgeführte orchestrale Stück, das bis heute sehr beliebt ist und mit zarten und virtuosen Passagen glänzt.